Heißes Thema: Sexualerziehung

HEISSES THEMA: SEXUALERZIEHUNG

Sexualerziehung findet sich heute im Unterrichtsprogramm nahezu jeder Schule. Zuerst erscheint sie in der Regel im Sachunterricht der Grundschule im 4. Schuljahr und wird in den weiterführenden Schulen in den Klassen 6 und 9 erneut aufgegriffen.

In den 70er Jahren gab es um diesen Unterricht einen erbitterten Streit. Das Bundesverfassungsgericht entschied schließlich am 21.12.1977 dahin, daß die Sexualerziehung auch zum Erziehungs- und Bildungsauftrag des Staates gehört, allerdings nur in bestimmten verfassungsrechtlichen Grenzen.

Rechtliche Grundlagen für NRW sind § 33 Schulgesetz und die „Richtlinien für die Sexualerziehung in NRW“ vom September 1999. Der Elternverein NRW hat sich gegen beide mehrfach mit rechtlichen Einwendungen zu Wort gemeldet, sowohl beim Landtag als auch beim Schulministerium - bisher ohne Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat 2007 die Rechtmäßigkeit der Vorschriften bestätigt.

Mit den Vorschriften ist nicht die Rechtmäßigkeit jeder Unterrichtsstunde Sexualerziehung gewährleistet. Die Lehrer und Lehrerinnen tragen für die Anwendung die Verantwortung. Sie sehen die ihnen zustehende pädagogische Freiheit für die Gestaltung dieses Unterrichts sehr verschieden. Eltern können jedoch stets die Einhaltung der den Schulen gesetzten Grenzen verlangen, wenn sie auch den Unterricht nicht mitbestimmen dürfen.

Elternrechte sind:

1.   Umfassendes Informationsrecht

Die Schulen müssen die Eltern rechtzeitig über Ziel, Inhalt, Methoden und Medien der Sexualerziehung (§ 33 Abs. 2 SchulG) informieren. Damit sind alle Unterrichtsthemen und alle Materialien gemeint, also Arbeitsblätter, Folien, Bücher, Hefte und Filme. Die Information hat vor Beginn der Unterrichtsphase zu geschehen. Den Eltern muß ermöglicht werden, ihre Kinder vorzubereiten und mögliche Bedenken vortragen zu können. Es ist nicht zulässig, Material zu verwenden, das die Eltern nicht vorher gesehen haben. Vorgaben für den Einsatz bestimmter Materialien gibt es nicht. Das Schulministerium hat zwar eine Medienliste herausgegeben, die derzeit aber überarbeitet wird. Sie enthielt unserer Meinung nach viele abzulehnende Medien.

2.   Anhörungsrecht

Nach der Information, d.h. unter anderem nach der Einsichtnahme in die Materialien, müssen die Schulen den Eltern Gelegenheit geben, Bedenken geltend zu machen. Denn für die Schulen gelten auf dem Gebiet der Sexualerziehung die Gebote der Zurückhaltung und Toleranz (Leitsatz der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.05.2008).

3.   Recht auf Einhaltung der den Schulen gesetzten Grenzen - Gründe für Einwendungen:

Der geplante Unterricht

Ÿ       ist nicht alters- und entwicklungsgemäß für eine Gruppe von Schülerinnen oder Schülern (wie § 33 SchulG fordert),

Ÿ       achtet nicht deren Schamgefühl (wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert – E. 21.12.1977),

Ÿ       befürwortet oder lehnt ein bestimmtes Sexualverhalten ab, also indoktriniert (Bundesverfassungsgericht wie vor),

Ÿ       nimmt keine Rücksicht auf die religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen der Eltern, soweit sie sich auf dem Gebiet der Sexualität auswirken (Bundesverfassungsgericht wie vor).

4.   Beschwerderecht

Sofern Bedenken nicht berücksichtigt werden, können sich Eltern, aber auch Schülerinnen und Schüler, beschweren, beim Fachlehrer, bei der Schulleitung, bei der Schulaufsicht und schließlich beim Schulministerium. Wer für seine Kinder Nachteile in der Schule befürchtet, kann seine Beschwerde auch an den Elternverein NRW e.V. senden, der diese dann anonymisiert weiterleitet.  

Hilfreich wäre, den Elternverein NRW über jede Beschwerde bei Schulaufsicht oder Schulministerium zu informieren, damit das Ministerium nicht länger behaupten kann - wie in einem Schreiben vom November 2007 geschehen: „Da es in den Jahren seit Inkrafttreten der Richtlinien kaum Eingaben zu den fachlichen Aussagen der Richtlinien oder Beschwerden zu einzelnen Materialien der Medienliste gegeben hat, scheint mir die Aussage gerechtfertigt, dass sich diese Vorgaben in der Praxis bewährt haben“.

info@elternverein-nrw.de

5.  Antrag auf Befreiung

Aus wichtigem Grund können Eltern für ihre Kinder Befreiung von der Teilnahme an Unterrichtseinheiten der Sexualerziehung nach § 43 Abs. 3 Schulgesetz bei der Schulleitung beantragen. Bisher wurden solche Anträge in der Regel abgelehnt. In den Richtlinien steht nämlich ein Halbsatz, der Befreiungen auszuschließen scheint: „Bedenken von Erziehungsberechtigten ... sind auch deshalb besonders ernst zu nehmen, weil ein Anspruch auf Befreiung von diesem Unterricht nicht besteht“. Über das Gebot, elterliche Bedenken ernst zu nehmen, ging man trotzdem gern hinweg. Inzwischen ist jedoch klargestellt, daß § 43 Abs. 3 Schulgesetz auch für Befreiungen von der Sexualerziehung anzuwenden ist. Das hat das Oberverwaltungsgericht für das Land NRW entschieden (Urteil vom 05.09.2007).

Dr. Gisela Friesecke

September 2008

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Stand: 07. November 2006