Konstruktivismus

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"Amerikas Schüler haben es besser.
Das kleine Einmaleins lernen? Schluß mit der Plackerei - es gibt doch Taschenrechner! Rechtschreibung? Verdirbt die Kreativität. ... Tadel vom Lehrer, schlechte Noten? Gibt's nicht mehr, denn beides würde den Kids bloß schlechte Laune machen. Die Pädagogen sehen ihre Aufgabe vor allem darin, das Selbstwertgefühl der Schüler zu hätscheln, denn reichlich ‚self-esteem‘ so glauben sie, ist das Allheilmittel gegen fast alle Übel unserer Zeit. ... Schüler müssen den Satz des Pythagoras ‚selbst entdecken‘, indem sie mit unterschiedlich großen Papierquadraten eingeschlossene Dreiecke bilden. Der Lehrer darf ihnen nicht auf die Sprünge helfen, selbst wenn die Suche tagelang dauert..."
(Aus: "Ich bin dumm - und stolz darauf ... die 'radikalen Konstruktivisten'... in Focus 45/1998, S. 250)

 

DER LETZTE SCHREI PROGRESSIVER PÄDAGOGIK:
KONSTRUKTIVISMUS

"Die konstruktivistischen Bildungsbastler betreiben die Demontage sinnvollen Lernens und die Verwandlung der Schulen in ein Gehäuse der Ich-Hörigkeit". Das sagt Heribert Seifert, Recklinghausen, ein in der Lehrerbildung in NRW tätiger Gymnasiallehrer. Er hat sich eingehend mit jener pädagogischen Richtung beschäftigt, die sich in Deutschland ausbreitet und im "Haus des Lernens" nach der sogenannten NRW-Denkschrift von 1995 einen passenden Rahmen findet. Einen längeren Beitrag zum pädagogischen Konstruktivismus beginnt Seifert mit folgenden Beispielen:

Sandra und Valerie sind enthusiastische Mathematiklehrerinnen in den USA. Bei ihnen arbeiten die Schüler begeistert und haben keine Angst vor den kalten Abstraktionen des Faches, weil sie Mathematik immer mit <Erfahrung> verbinden dürfen. Als es zum Beispiel darum ging, den durchschnittlichen Eiskonsum der 30 Kinder in Valeries Klasse in einem Zeitraum von 8 Tagen zu ermitteln, fand man eine durchaus eigenwillige Lösung des Problems: Unter wohlwollender Assistenz der Lehrerin entschieden sich die Schüler dafür, 30 durch 8 zu dividieren. Das ergab 3,75, was von Valerie dann auf 4 aufgerundet und als <Durchschnittswert> akzeptiert wurde. * Sandra bevorzugt ähnlich unkonventionelle Verfahren, wenn sie den Rauminhalt eines Sandkastens berechnen will. Ihre Schüler multiplizieren das die Länge und Breite in Yards und nehmen das Produkt anschliessend mit der Höhe in Feet mal.

Sandra und Valerie leiden nicht unter Diskalkulie oder einer anderen intellektuellen Behinderung, sondern gelten in Teilen der amerikanischen Mathematikdidaktik als beispielgebende Lehrerinnen. Sie gehören zur Avantgarde einer – wieder einmal - <neuen Mathematik>, die als <fuzzy math> das Rechnen <revolutioniert>. Das Nachvollziehen von mathematischen Beweisen und das Anwenden von Rechenoperationen zählen dabei ebensowenig wie das richtige Ergebnis. Entscheidend sind Engagement und Vergnügen der Kinder, wenn sie in Gruppen mathematisch Probleme selbstständig traktieren. Dabei kommt es zum Beispiel nicht darauf an, die Gültigkeit des Pythagoreischen Lehrsatzes möglichst sicher zu verstehen, sondern ihn selbstständig zu <entdecken>. Und wenn ihre <Neuerfindung> der Mathematik zu falschen Resultaten führt, dann sind es wenigstens ihre eigenen Resultate.
(Neue Züricher Zeitung, 28.1.1999, S. 7)

*(Vom Gesamteisverbrauch war nicht die Rede = die Red.)

Kurz erläuternd schreibt Seifert an anderer Stelle:

"Die pädagogische Variante des 'Konstruktivismus' ist der einstweilen letzte Versuch, der Utopie Terrain zurückzugewinnen und den Widerstand der Realität zu brechen. Denn in konstruktivistischer Perspektive gibt es so etwas wie eine objektiv vorhandene Wirklichkeit nicht mehr. Die Welt löst sich auf in die unendliche Vielzahl der individuellen Welt-Anschauungen, die Wahrheitsfragen obsolet werden lassen. ...

Die Befreiung vom Bann der Begriffe Wirklichkeit und Wahrheit erscheint als die Rückkehr in ein Schul-Paradies. Jetzt endlich kann ... Unterricht wieder ein Fest der Vielfalt und Entgrenzung werden: 'Die Vielfalt durch kulturelle Unterschiede, durch leistungs-, geschlechts- und altersheterogene Lerngruppen wird als Bereicherung, als Chance wahrgenommen... . Die Schule wird Werkstatt, Kommunikationszentrum, Bühne', begeistert sich der Erziehungswissenschaftler Rolf Werning in der Zeitschrift ‚Pädagogik‘.

Überlebensgroß erscheint auf dieser Bühne das Schülersubjekt. Während Bildung in einer heute fast schon vergessenen Tradition das Subjekt gerade in der Auseinandersetzung mit der Objektwelt sich formen lassen wollte, will der pädagogische Konstruktivismus diese Spannung aufheben und seine ganze Aufmerksamkeit auf den Subjektpol richten. Die Welt außerhalb des Ichs kommt nur in den Blick als Quelle von Perturbationen (Verwirrungen, Störungen = die Red.), die den einzelnen zur Produktion immer neuer Mutmaßungen veranlaßt. Diese 'Konstruktionen' sind es nun, die im Vordergrund des didaktisch-methodischen Interesses stehen. Zu beurteilen sind sie nicht in der Dimension von 'richtig' oder 'falsch', sondern nach ihrer Brauchbarkeit und Nützlichkeit ('Viabilität'). Aufgabe des Lehrers im Unterricht ist es dann nur noch, die Schüler zu möglichst vielen viablen Konstruktionen anzustiften und den unendlichen Austausch darüber zu organisierend

(FAZ, 12.10.1998, S. 43)

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Stand: 11.02.2012